Eine Übung - Drei Szenarien
Fehmarn
Gegen 14.45 Uhr ertönten am Samstagnachmittag in den Gemeinden Dänschendorf, Petersdorf und Schlagsdorf auf Fehmarn die Sirenen. Nur kurze Zeit später rasen die ersten Fahrzeuge der alarmierten Feuerwehren in Richtung Dänschendorf. Ihr Ziel – ein Hof mitten in der kleinen Gemeinde. Dort erwartet sie eine riesige Halle, in der Unmengen an Heu und etwa 8000 Liter Öl lagern. Beim Eintreffen der ersten Kräfte ist die Halle im Inneren stark verqualmt. Aufgeregt berichtet ein Anwohner davon, dass sich mehrere Personen in dem Gebäude befinden. Von 6 Personen ist die Rede. In Windeseile weist Dänschendorfs Wehrführer und Einsatzleiter Christian Dohrn-Blanck einen Trupp unter Atemschutz an zur Erkundung, unter Mitführung eines C-Rohres, in die Halle vorzurücken. Währenddessen bauen Kameraden draußen die notwendige Wasserversorgung auf und beginnen wenige Zeit später auch von außen mit den Löscharbeiten. Weitere Trupps unter Atemschutz kommen den im Gebäude befindlichen Kameraden zu Hilfe, und nach Minuten erscheint in der Eingangstür, von zwei Feuerwehrmännern gestützt, die erste der vermissten Personen. Übernommen wird diese von den First-Respondern der Wehren, welche sich bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes, der zum Teil vom Festland auf die Insel fahren muss, um die Verletzten kümmern. Im Minutentakt gelingt es den Helfern schlussendlich 5 der 6 Vermissten aus dem Gebäude zu bergen. Eine Person bleibt vermisst. Eng geht es zu in der bis unter das Dach gefüllten Halle. Trotzdem wollen die Helfer nicht aufgeben und auch die sechste Person aus der Halle bergen. Immer wieder dringen Atemschutztrupps in die Halle vor. In der Zwischenzeit werden sie sowohl in der Halle wie auch von außen durch Löschtrupps unterstützt. Nach fast unendlich erscheinender Zeit kommt über Funk die Nachricht: Auch die sechste Person ist gefunden. Allerdings an einer ganz anderen Stelle. „Eher durch Zufall haben Kameraden den Vermissten auf einem am Gebäude stehenden Gerüst entdeckt“, erklärt der Einsatzleiter während des Einsatzes. Viele Zuschauer haben sich auf dem Hof gesammelt. Dabei auch offenbar einige Feuerwehrkameraden in Ausgehuniform und Familien mit Kindern. Schon auffällig, schießt es einem als neutralem Beobachter durch den Kopf. Vor allem als sich der gesamte Tross an die Stirnseite zu dem Baugerüst bewegt um dort den Vorbereitungen für die Personenrettung zuzusehen. Na gut – auch die relative Unaufgeregtheit der beteiligten Einsatzkräfte bringt schnell die Erkenntnis auch für den letzten Zuschauer: Eine Übung! Das bestätigt dann auch Dohrn-Blanck: „Ja, wir absolvieren gerade unsere Jahresabschlussübung zusammen mit den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Fehmarn-West“. Insgesamt 37 Einsatzkräfte befinden sich vor Ort. Während diese im Hintergrund damit beschäftigt sind, mittels einer Schaufeltrage eine Puppe von dem Baugerüst abzuseilen erklärt er Ablauf und vor allem den Sinn der Übung: „Wir haben mehrere Szenarien aufgebaut, die für uns auf Fehmarn sehr real sind. Das ist hier Standard. Außerdem präsentieren wir uns damit auch der Bevölkerung und zeigen was wir können und das wir da sind. Die Leute sollen sehen was das Ehrenamt leisten kann. Natürlich hoffen wir daher auch ein wenig Mitgliederwerbung machen zu können“. Dies scheint ein Herzensthema von Dohrn-Blanck zu sein. Im weiteren Gespräch verrät er, dass leider alle Feuerwehren auf Fehmarn händeringend Mitglieder suchen. Viele Einwohner würden nicht wie früher auf Fehmarn arbeiten sondern würden bis Oldenburg und Lübeck zur Arbeit fahren. „Die fehlen uns dann leider aktiv im Falle eines Einsatzes. Es ist echt schwer geworden neue Mitglieder zu finden. Wir freuen uns über jeden der zu uns kommt!“ Um das Können der Ehrenamtler so gut wie möglich Mitglieder werbend zu präsentieren, haben sich die Planer der Abschlussübung dann auch noch ein drittes Einsatzszenario ausgedacht. Zuvor kaum wahrgenommen, liegt in einer der Hofeinfahrten ein Auto auf der Seite. Während sich der Fahrer nach Einsatzlage selbstständig aus dem Fahrzeug befreien konnte, ist die Beifahrerin (wieder stellvertretend von einer Puppe dargestellt) im Fahrzeug eingeklemmt. Um auch den letzten der Dänschenburger Bürger alle Aufmerksamkeit für die Übung abzuringen, schickt Dohrn-Blanck wieder ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn durch den Ort um eine reale Anfahrt zum Einsatzort zu simulieren. Beim „Unfallfahrzeug“ angekommen machen sich die Insassen dann recht routiniert an den häufig trainierten Ablauf der Rettung. Mit Scheibensäge schaffen sie in Rekordzeit einen Zugang durch das Heck des Fahrzeugs. Neben der Beifahrerseite sitzt ein Helfer und unterhält sich mit der „eigeklemmtem Person“. Ruhig erklärt er der Eingeklemmtem die Schritte und reagiert auf imaginäre Fragen. Schnell übernimmt die Betreuung ein ins Fahrzeug gekletterter Helfer. Er wird beruhigend während der folgenden Entfernung des Fahrzeugdaches auf die zu befreiende Beifahrerin einwirken. Mit hydraulischem Gerät machen sich daraufhin die Einsatzkräfte daran die Säulen des Fahrzeuges zu durchtrennen und schlussendlich eine große Öffnung zu schaffen. Mit einem Spine-Board gelingt es schließlich die Eingeklemmte zu befreien und an den Rettungsdienst zu übergeben. Sichtlich zufrieden mit der Leistung seiner Ehrenamtler gibt der Einsatzleiter am Ende den Befehl zum Rückbau. „Alles gut gelaufen. Klar ist das eine Übung und alles geht etwas entspannter zu. Dennoch ist es wichtig alle Handgriffe immer und immer wieder zu üben, damit sie in einer Realsituation dann gut funktionieren.“
Im Anschluss an die Übung hieß es für die Einsatzkräfte und Gäste bei klirrender Kälte, sich bei einem Glühwein aufzuwärmen. Sicher hat sich dabei auch das ein oder andere Gespräch zwischen den Einsatzkräften und interessierten Beobachtern entwickelt. Wie sehr die Dänschendorfer hinter ihrer Feuerwehr stehen zeigt die Tatsache, dass das Gerüst am Gebäude extra für die Übung aufgebaut wurde. Chapeau für so viel Engagement!